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Amnesty International

Die Position zur BDS-Kampagne

Im Juli 2005 verfassten während des Weltsozialforums in Porto Alegre (Brasilien) mehr als 170 Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft einen Aufruf1 zu Boykott, Investitionsentzug und Sanktionen gegen Israel, bis das Land seinen Verpflichtungen nach dem internationalen Recht und den universellen Prinzipien der Menschenrechte nachkommt.

Zu dieser BDS-Bewegung gibt es unterschiedliche Positionen. Die einen betrachten sie als antisemitisch2, die anderen warnen davor, BDS mit Antisemitismus gleichzusetzen3.

Da wir regelmäßig gefragt werden, wie Amnesty International sich zu der Bewegung stellt, haben wir dieses Papier verfasst.

Amnesty International unterstützt die BDS-Kampagne nicht. Sie betrachtet diese jedoch als legitime Form der freien Meinungsäußerung.

Aus diesem Grund setzte sich Amnesty International unter anderem auch Anfang 2019 für den Gründer und offiziellen Sprecher der BDS-Bewegung in Israel Omar Barghouti ein4.

Zum 50. Jahrestag der Besetzung der palästinensischen Gebiete forderte Amnesty International ein Ende der Verletzung grundlegender Menschenrechte der palästinensischen Bevölkerung und des internationalen humanitären Völkerrechts.

Nach Artikel 49 der Vierten Genfer Konvention von 1949, das internationale Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten und unter Besatzung5, darf eine Besatzungsmacht nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet verschleppen oder verschicken. Das Römische Statut zum Internationalen Strafgerichtshof vom 17. Juli 1998 betrachtet dies sogar als Kriegsverbrechen6. Die Resolution des UN-Sicherheitsrates vom 23. Dezember 20167 bekräftigte die Position der Vereinten Nationen, dass die israelische Siedlungstätigkeit gegen das internationale Völkerrecht verstößt und forderte den sofortigen Stopp jeder Siedlungstätigkeit in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Vor diesem Hintergrund fordert Amnesty International alle Staaten auf, ein Importverbot für Produkte zu erlassen, die aus den – völkerrechtswidrigen – israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten stammen. Außerdem sollte es Unternehmen verboten werden, geschäftlich in Siedlungen tätig zu sein oder mit Siedlungsgütern Handel zu betreiben. Diese Forderung beschränkt sich ausschließlich auf Siedlungsprodukte und auf Dienstleistungen, die in direktem Zusammenhang mit den rechtswidrigen israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten stehen. Sie richtet sich an Staaten und knüpft an deren Verantwortung an, die Beachtung des Völkerrechts sicherzustellen, beziehungsweise die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik Israels zu beenden.

Auf der Grundlage des Völkerrechts sind Staaten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Handlungen und die ihrer Staatsangehörigen keine rechtswidrigen Situationen oder Handlungen anerkennen bzw. unterstützen. Um dieser völkerrechtlichen Verantwortung gerecht zu werden, müssen die Staaten daher verhindern, dass Produkte aus den israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten in ihre Märkte eingeführt werden und Unternehmen, die unter ihre Gerichtsbarkeit fallen, in den Siedlungen operieren und von den Aktivitäten vor Ort oder durch den Handel mit Gütern aus den Siedlungen und den damit verbundenen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen profitieren.

1 Siehe http://bds-kampagne.de/wp-content/uploads/2005/07/050709_Internationaler-Aufruf-der-pal%C3%A4stinensischen-Zivilgesellschaft-zu-BDS.pdf

2 Siehe z.B. Deutscher Bundestag: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen, Drucksache 19/10191, 19. Wahlperiode, 15.05.2019
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/101/1910191.pdf

3 Siehe z.B. AUFRUF AN DIE BUNDESREGIERUNG VON 240 JÜDISCHEN UND ISRAELISCHEN WISSENSCHAFTLERN: SETZEN SIE „BDS“ NICHT MIT ANTISEMITISMUS GLEICH 3. Juni 2019
https://de.scribd.com/document/412474418/Aufruf-von-240-Judischen-und-Israelischen-Wissenschaftlern-an-die-Bundesregierung-zu-BDS-und-Antisemitismus

4 Siehe https://www.amnesty.org/en/documents/mde15/9811/2019/en/

5 Siehe https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19490188/index.html

6 Siehe https://www.un.org/depts/german/internatrecht/roemstat1.html#T28

7 https://www.un.org/depts/german/sr/sr_16/sr2334.pdf

 

 

14. Januar 2020